Die 18-Monats-Frist und ihre Ausnahmen
Seit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) im Jahr 2017 gilt eine klare Regel: Leiharbeitnehmer dürfen maximal 18 Monate an denselben Kundenbetrieb überlassen werden. Danach muss entweder eine Übernahme durch den Entleiher erfolgen oder der Arbeitnehmer mindestens drei Monate und einen Tag pausieren, bevor eine erneute Überlassung an denselben Betrieb erfolgen kann. Doch gibt es Wege, diese Begrenzung zu umgehen?
Tatsächlich erlaubt das AÜG tarifvertragliche Ausnahmen. Branchen mit eigenen Tarifverträgen, wie die Metall- und Elektroindustrie oder die Chemiebranche, dürfen die Einsatzdauer per Tarifvertrag verlängern. Dies bietet Unternehmen, die in tarifgebundenen Branchen tätig sind, die Möglichkeit, Leiharbeiter länger als 18 Monate zu beschäftigen.
Tricks, die funktionieren – und welche rechtlich riskant sind
Unternehmen, die keine tarifvertraglichen Ausnahmen nutzen können, greifen mitunter auf alternative Modelle zur Umgehung der 18-Monats-Grenze zurück.
Ein gängiger, aber rechtlich riskanter Trick ist das „Rochade-Modell“. Dabei wechselt der Leiharbeitnehmer formal den Verleiher, bleibt aber tatsächlich beim selben Entleiher eingesetzt. Arbeitsgerichte sehen darin jedoch häufig eine Umgehung des Gesetzes, die als unzulässig gewertet wird. Sollte die Arbeitnehmerüberlassung als dauerhaft angesehen werden, droht dem Entleiher eine ungewollte Festanstellung des Leiharbeitnehmers.
Ein anderes Modell ist das „Werk- oder Dienstvertrag-Konstrukt“. Hierbei wird ein Unternehmen nicht als Verleiher, sondern als Werkvertragsnehmer eingesetzt. Die Schwierigkeit: Die Abgrenzung zwischen legalem Werkvertrag und verdeckter Arbeitnehmerüberlassung ist komplex. Ist der Leiharbeiter weisungsgebunden in die Betriebsabläufe integriert, wird der Vertrag schnell als Scheinwerkvertrag eingestuft.
Aktuelle Rechtsprechung zur dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung
Die Arbeitsgerichte haben sich in den letzten Jahren verstärkt mit der Thematik auseinandergesetzt und klare Leitlinien entwickelt. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass eine Umgehung der 18-Monats-Frist durch den Wechsel des Verleihers als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2019 – 9 AZR 295/19).
Zudem stellte das Gericht klar, dass Leiharbeitnehmer, die dauerhaft und ohne erkennbaren Unterschied zu Stammmitarbeitern tätig sind, Anspruch auf eine Festanstellung haben könnten. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft im gleichen Bereich arbeitet und Weisungen vom Entleiher erhält.
Strategien für eine rechtssichere Arbeitnehmerüberlassung
Unternehmen, die auf eine langfristige Nutzung von Zeitarbeit setzen, sollten statt riskanter Umgehungsmodelle strategische Alternativen prüfen:
- Tarifliche Lösungen prüfen: In vielen Branchen erlauben Tarifverträge eine Verlängerung der 18-Monats-Frist.
- Interne Personalrotation nutzen: Der Einsatz von Zeitarbeitnehmern in wechselnden Abteilungen kann helfen, eine feste Integration in eine Abteilung zu vermeiden.
- Gezielte Übernahmeprogramme etablieren: Die frühzeitige Integration von Zeitarbeitnehmern in Festanstellungsmodelle reduziert langfristig Risiken.
- Klare vertragliche Regelungen treffen: Unternehmen sollten mit Personaldienstleistern detaillierte Verträge ausarbeiten, um Risiken durch missverständliche Vertragskonstruktionen zu minimieren.
Letztlich ist eine transparente, rechtskonforme Gestaltung der Arbeitnehmerüberlassung der sicherste Weg, um auch langfristig auf Zeitarbeit setzen zu können, ohne arbeitsrechtliche Risiken einzugehen.